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FALL:

Stromschlag durch ungesicherte Oberleitung

EREIGNIS

Bei einem Eisenbahnunfall verunglückte ein Teil des Zuges und der restliche Zug blieb in den Gleisen stehen. Durch den Zugunfall wurde die Oberleitung zerstört und hing herunter.

Einsatzkräfte der Feuerwehr und der Polizei rückten auf einer Seite der Unglücksstelle an und sind durch noch stehende Wagons des verunfallten Zuges geklettert, um auf der anderen Seite des Zuges nach Verletzten zu suchen. Es war zu der Zeit bekannt, dass die Oberleitung zerstört war. Um Zeit und Weg zu sparen wurde eine Abkürzung durch die Wagons genommen.

Der Gruppenführer der Feuerwehr hat seine Einsatzkräfte gebremst und ein erneutes Hinübersteigen auf die andere Gleisseite verhindert. Die Einsatzstelle wurde daraufhin in zwei Abschnitte unterteilt und von beiden Seiten abgearbeitet.

FACHKOMMENTAR

Bei einer elektrifizierten Eisenbahnstrecke besteht nach einem Zugunglück oft eine elektrische Gefahr. Das heimtückische daran ist, dass diese Gefahr nicht direkt erkennbar ist. Nicht immer ist eine elektrische Oberleitung gerissen so dass man die Gefahr daran sofort erkennen würde. Es können auch Bauteile durch entgleiste Züge beschädigt sein. So kann ein parallel zum Gleis verlaufendes Geländer plötzlich durch Induktion unter Spannung stehen.

Es besteht an Einsatzstellen die Gefahr der direkten Berührung der Oberleitung oder die Möglichkeit, dass Teile des Zuges die Oberleitung berühren und Spannung führen.

Nach sorgfältiger Erkundung der Einsatzstelle muss die Einsatzleitung abklären, ob elektrische Gefahren bestehen können. Davon ist immer dann auszugehen, wenn sich ein Unfall mit mechanischen Beeinträchtigungen am Zug oder am Unfallgegner ereignet hat. Insbesondere auch bei gerissener Oberleitung ist die Sache klar. Eine Spannungsfreiheit kann dann grundsätzlich erst nach Abschaltung der Oberleitung sowie dem Erden und Kurzschließen der Leitung und Messen der Spannungsfreiheit garantiert werden.

Dass eine Oberleitung freigeschaltet worden ist, muss sich die Einsatzleitung vom Netzbetreiber schriftlich (z. B. Telefax) bestätigen lassen. Hilfreich wäre auch hier, wenn der Notfallmanager der Bahn vor Ort anwesend ist, der dann auch die Freischaltung prüft (erden = kurzschließen und die Spannungsfreiheit feststellen).

Einsatzleiter und andere Führungskräfte müssen Ihre Einsatzkräfte unter Umständen in einem Bereitschaftsraum verbleiben lassen, bis die Oberleitung geerdet ist oder die Gefährdungslage einwandfrei abschätzbar ist.

Alle Einsatzkräfte müssen im Vorwege über die Gefahren im Bahnbereich und dort insbesondere über elektrische Gefahren fachgerecht geschult werden.

Und Achtung! Bei einer mehrgleisigen Strecke bestehen Gefahren bei möglichen Zugbewegungen auf dem Nachbargleis. Hier ist ebenfalls schriftlich bestätigen zu lassen, dass auch dieses Gleis gesperrt ist, bevor Feuerwehrleute in dessen Nähe tätig werden dürfen. Zur Verwirrung führen könnten auch bahntypische Bezeichnungen, die für Feuerwehrkräfte nicht eindeutig sind, wenn von Strecken oder Gleisen gesprochen wird. Im Zweifelsfall lieber nachfragen um eindeutige Klarheit zu erreichen.

Dieses Fallbeispiel beruht auf anonymen Schilderungen. Hier gegebene Handlungsempfehlungen befreien nicht von der Pflicht zur Beachtung der Unfallverhütungsvorschriften und des sicherheitstechnischen Regelwerks.

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