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FALL:

Nichteinhaltung des vorgegebenen Alarmweges

EREIGNIS

Eine Einsatzkraft lief nach der Alarmierung zum Umziehen erneut durch ein offenes Hallentor in das Gerätehaus, obwohl es auch noch andere (sichere) Eingänge gibt. Das Feuerwehrfahrzeug war in diesem Augenblick schon angefahren und musste vom Maschinisten abgebremst werden, damit es nicht zu einem Unfall (Quetschung zwischen Hallentorseite und Fahrzeug) kommt.

FACHKOMMENTAR

Die Unfalltheorie geht davon aus, dass einem Unfall mehrere unsichere Zustände beziehungsweise unfallbegünstigende Umstände vorausgehen. Diese Zustände beziehungsweise begünstigenden Umstände können in technische, organisatorische und personenbezogene Ursachen eingeteilt werden. Um dementsprechend Unfälle zu vermeiden, muss die Prävention in allen Bereichen ansetzen.

Die größte Wirkung oder Reichweite hat hier die technische Sicherheit. Gebäude, Gerätschaften oder Arbeitsmittel müssen technisch so gestaltet und sicher sein, dass Unfälle ausgeschlossen werden können. Die DGUV Vorschrift 49 „Feuerwehren“ fordert daher in Paragraph 12, dass bauliche Anlagen so eingerichtet sein müssen, dass insbesondere unter Einsatzbedingungen Gefährdungen von Feuerwehrangehörigen vermieden werden sowie Feuerwehreinrichtungen und persönliche Schutzausrüstung sicher untergebracht, bewegt und entnommen werden können. Gerade die Abläufe und Laufwege im Einsatz sollten daher so gestaltet sein, dass Einsatzkräfte nicht durch die Tore und somit vor die ausrückenden Einsatzfahrzeuge laufen können.

Besteht die Möglichkeit eines alternativen sicheren Weges nicht, so muss bis zur baulichen Schaffung Sicherheit auf organisatorischem Wege hergestellt werden. Diese organisatorische Regelung muss dann in einer Dienstanweisung festgehalten werden, die im Feuerwehrhaus aushängt und jährlich im Rahmen einer Unterweisung wieder bekannt gemacht wird. Sie könnte z. B. folgende Regelungen vorgeben: Muss durch das Tor gelaufen werden, so muss entweder der Maschinist warten, bis alle Einsatzkräfte das Tor passiert haben. Alternativ müssten die Einsatzkräfte vor dem Tor warten und erst das Einsatzfahrzeug herausfahren. Eine flexible Variante wäre, dass eine Einsatzkraft mit dem Maschinisten vor Aus- und Einfahrt Blickkontakt aufnimmt und sich über die Ablaufreihenfolge per Handzeichen abstimmt (Sicherungsposten).

Wie in der Fallschilderung geschrieben, lief die Einsatzkraft zum wiederholten Male trotz vorhandener sicherer Wege durch das offene Tor. Von Seiten der Gemeinde oder Stadt wurden also sichere Bedingungen geschaffen. Diese helfen jedoch nicht, wenn sie durch Versicherte bewusst unterlaufen werden. Gerade eine vermeintliche Zeitersparnis ist einer der häufigsten Gründe, warum Schutzeinrichtungen an Maschinen, PSA oder bauliche Sicherheitseinrichtungen nicht genutzt oder umgangen werden.

Das stellt allerdings einen Verstoß gegen den Paragraphen 15 DGUV Vorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“ sowie § 15 der DGUV Vorschrift 49 „Feuerwehren“ dar.

  • 15 DGUV Vorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“ beschreibt die allgemeinen Unterstützungspflichten und Verhalten der Versicherten. Diese sind verpflichtet, nach ihren Möglichkeiten sowie gemäß der Unterweisung und Weisung des Unternehmers für ihre Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit sowie für Sicherheit und Gesundheitsschutz derjenigen zu sorgen, die von ihren Handlungen oder Unterlassungen betroffen sind. Die Versicherten haben die Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren sowie für eine wirksame Erste Hilfe zu unterstützen. Versicherte haben die entsprechenden Anweisungen des Unternehmers zu befolgen. Die Versicherten dürfen erkennbar gegen Sicherheit und Gesundheit gerichtete Weisungen nicht befolgen.
  • 15 DGUV Vorschrift 49 „Feuerwehren“ beschreibt das Verhalten im Feuerwehrdienst: Im Feuerwehrdienst dürfen nur Maßnahmen getroffen werden, die ein sicheres Tätigwerden der Feuerwehrangehörigen ermöglichen.

Die Einsatzkraft, die schon mehrfach durch das offene Tor gelaufen ist, muss durch die Führungskräfte auf ihr Fehlverhalten hingewiesen werden. Darüber hinaus muss ihr erläutert werden, wie sie sich korrekt verhalten kann. Da im Feuerwehrdienst eine Weisungsbefugnis durch die Führungskräfte besteht, muss der Einsatzkraft das direkte durch das Tor laufen untersagt werden. Bei erneuten Zuwiderhandlungen besteht dann die Möglichkeit für dienstrechtliche Sanktionen.

Dieses Fallbeispiel beruht auf anonymen Schilderungen. Hier gegebene Handlungsempfehlungen befreien nicht von der Pflicht zur Beachtung der Unfallverhütungsvorschriften und des sicherheitstechnischen Regelwerks.

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