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FALL:

Einsatzfahrt trotz bekannter Fehlalarmierung

EREIGNIS

Alarmgrund war eine Auslösung der BMA eines Altenheims. Die ersteintreffende Feuerwehr konnte vor Ort sicher feststellen, dass es sich um eine Fehlalarmierung handelte. Die Leitstelle erhielt umgehend über Funk Kenntnis darüber. Die ebenfalls alarmierte Nachbarwehr rückte trotz Meldung des Fehlalarms mit Blaulicht und Einsatzhorn an. Kurz vor dem Einsatzort kam das Löschfahrzeug mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit angefahren. Im Verlauf einer unübersichtlichen Linkskurve mit anschließender schmaler Brücke wurde das Fahrzeug aufgrund nicht angepasster Geschwindigkeit zum Kurvenäußeren getragen. Durch das Gegenlenken geriet das Löschfahrzeug auf die Gegenspur. Wäre zu dem Zeitpunkt ein Pkw auf der schmalen Brücke entgegengekommen, wäre es zu einem Zusammenstoß gekommen.

FACHKOMMENTAR

Allgemein sind Einsatzfahrten mit blauem Blinklicht und Einsatzhorn mit Stress und einem vielfach erhöhtem Unfallrisiko verbunden. Bei einer Einsatzfahrt besteht ein

  • 4-faches Risiko für einen tödlichen Unfall,
  • 8-faches Risiko für einen Unfall mit Schwerverletzten und
  • 17-faches Risiko für einen Unfall mit hohem Sachschaden.

Aus diesem Grunde dürfen blaues Blinklicht und Einsatzhorn nach § 38 StV0 nur verwendet werden, wenn: “höchste Eile geboten ist, um Menschenleben zu retten oder schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden, eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwenden, flüchtige Personen zu verfolgen oder bedeutende Sachwerte zu erhalten“.

Wenn an einer Einsatzstelle die Lage sicher erkundet worden ist, es zweifelsfrei feststeht, dass keine weiteren Einsatzkräfte erforderlich sind und dies über Funk verständlich mitgeteilt wurde, entfällt der Grund zur höchsten Eile und damit die Erlaubnis zur Nutzung des blauen Blinklichts zusammen mit dem Einsatzhorn. In der Rechtsprechung wird zudem regelmäßig auf die besondere Sorgfaltspflicht im Rahmen von Einsatzfahrten hingewiesen, nach der keine anderen Verkehrsteilnehmer gefährdet werden dürfen. Unabhängig von der Frage der Zulässigkeit der Einsatzfahrt, werden die Sonderrechte durch die Fahrphysik (und daraus resultierende Rechtsprechung) begrenzt. Je größer die Abweichung von den allgemeinen Verkehrsvorschriften ist, umso größer ist die Pflicht zur Rücksichtnahme auf das Verhalten der anderen Verkehrsteilnehmer. Des Weiteren sind die Verantwortung und Sorgfaltspflicht gegenüber den Einsatzkräften im Feuerwehrfahrzeug zu beachten.

Dieses Fallbeispiel beruht auf anonymen Schilderungen. Hier gegebene Handlungsempfehlungen befreien nicht von der Pflicht zur Beachtung der Unfallverhütungsvorschriften und des sicherheitstechnischen Regelwerks.

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