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FALL:

Ausgeklappte Haspel beschädigt Fahrzeuge

EREIGNIS

In einem Wohngebiet brannte ein am Straßenrand geparktes Fahrzeug in voller Ausdehnung. Aufgrund der Rauchentwicklung und der Enge in der Straße fragt der Maschinist, nachdem er mit dem HLF am brennenden PKW vorbeigefahren ist, den Gruppenführer nach der endgültigen Halteposition des HLFs. Während dieser noch die erste Lagemeldung über Funk abgibt, steigt die restliche HLF-Besatzung (WT, AT) aus und begann mit ersten Arbeiten: es wird die Schlauchhaspel an der linke Seite nach außen aufgeklappt und die Feuerlöschkreiselpumpe eingeschaltet. Nachdem der Gruppenführer die Lagemeldung abgegeben hat, schaut dieser nach hinten zur Einsatzstelle und erteilte dem Maschinisten den Befehl das Fahrzeug ein Stück nach vorne zu versetzen. Dieser wiederum folgt dem Befehl. Beim Anfahren des HLFs versucht ein Truppmann, der hinten an der Pumpe steht, die Haspel wieder einzuklappen, schafft es aber nicht. Dabei hätte er sich beinahe verletzt. Durch die nach außen aufgeklappte Haspel wird beim Vorfahren des HLFs ein auf der linken Seite geparktes Fahrzeug beschädigt. Der Maschinist bemerkt die Kollision und hält an. Die Schlauchhaspel hat sich im aufgeklappten Zustand zwischen der Haspelhalterung und dem geparktem PKW verhakt.

Durch Losfahren des HLFs ging die Pumpe aus, was durch eine Fehlermeldung angezeigt wurde. Dadurch lässt sich die Pumpe nicht wiedereinschalten und bedienen. Der Maschinist vermutet die Ursache der nicht funktionierenden Pumpe in der verklemmten Haspel und entscheidet sich für das Zurücksetzen des HLFs, um die Haspel zu lösen. Dabei befindet sich ein Kamerad, der versucht die Haspel von Hand zu lösen, hinter der Haspel und ein weiterer am Heck, der versucht die Pumpe wieder zu aktivieren. Zwar wurde durch das Zurücksetzen des HLFs die Haspel gelöst, aber der Fehler an der Pumpe nicht beseitigt.

FACHKOMMENTAR

Die DGUV Regel 105-049 „Feuerwehren“ erläutert die Forderung aus § 15 Abs. 1 DGUV Vorschrift 49 „Feuerwehren“ (Stand Juni 2018), dass im Feuerwehrdienst nur Maßnahmen getroffen werden dürfen, die ein sicheres Tätigwerden der Feuerwehrangehörigen ermöglichen, unter anderem damit, dass die Maßnahmen am Einsatzort den feuerwehrtaktischen Regeln entsprechen. Dies wurde in diesem Beispiel mehrfach außer Acht gelassen, sodass es zu dem vermeidbaren Schaden kam.

Die Feuerwehr-Dienstvorschrift (FwDV) 3 „Einheiten im Lösch- und Hilfeleistungseinsatz“ weist den Angehörigen der Mannschaft bestimmte Aufgaben zu. So beispielsweise dem Gruppenführer die Aufgabe, die Fahrzeugaufstellung zu bestimmen. Dies hat der Gruppenführer im geschilderten Beispiel nicht zu gegebener Zeit getan. Der Maschinist hat dem Gruppenführer allerdings auch die Möglichkeit genommen, die Aufstellung zu bestimmen, als er am Brandobjekt vorbeigefahren ist, das Fahrzeug in den Brandrauch gestellt hat und erst dann nach der Halteposition des HLF gefragt hat.

Der Angriffstrupp und der Wassertrupp sind eigenmächtig abgesessen, obwohl die FwDV 3 vorgibt, dass die Mannschaft erst nach dem Befehl des Einheitenführers absitzt. Dann haben sie sich die Aufgaben des Maschinisten (Bedienen der Pumpe) zu Eigen gemacht und dafür die Einmann-Haspel ausgeschwenkt. Mit dem vorzeitigen Einschalten der Pumpe, was nicht ihre Aufgabe ist, haben sie die Grundlage für den in der Folge des Anfahrens aufgetretenen Fehlers in der Pumpensteuerung gelegt, was neben dem Unfallereignis für weitere Verzögerungen gesorgt hat.

Insgesamt waren die Feuerwehrangehörigen bei diesem Einsatz unstrukturiert und entgegen den Vorgaben des feuerwehrspezifischen Regelwerkes tätig. Genau dies soll durch die einheitliche Ausbildung nach FwDV 3 verhindert werden. Damit immer jeder weiß, was er im Einsatzfall zu tun hat, müssen die Grundtätigkeiten aber auch in der laufenden Aus- und Fortbildung immer wieder geübt werden. Durch ständige Wiederholung werden die Fertigkeiten verinnerlicht und automatisiert. Allein durch das Beherrschen und Anwenden der FwDV 3 hätte der gesamte Vorfall vermieden werden können.

Beim Versuch die verklemmte Haspel wieder frei zu bekommen, sind zudem die nächsten Fehler gemacht worden. Hinter dem Fahrzeug befindet sich ein Feuerwehrangehöriger am Pumpensteuerstand im Bewegungs- und damit Gefahrenbereich des Fahrzeugs und auch an der sich zwangsläufig mitbewegenden Haspel befindet sich eine Person im Gefahrenbereich.

Sofern letzteres zum Lösen der verklemmten Haspel unbedingt notwendig ist, ist hier aber ein besonders aufeinander abgestimmtes Verhalten zwingend erforderlich.

Dieses Fallbeispiel beruht auf anonymen Schilderungen. Hier gegebene Handlungsempfehlungen befreien nicht von der Pflicht zur Beachtung der Unfallverhütungsvorschriften und des sicherheitstechnischen Regelwerks.

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