FALL:
Beinaheabsturz bei Selbstrettungsübung
EREIGNIS
Während einer Höhenrettungsübung der Freiwilligen Feuerwehr aus einem Schlauchturm kam es zu einem Beinahe-Unfall, der durch schlechtsitzende Ausrüstung ausgelöst wurde. Die Übung „Retten / Selbstretten“ dient dazu, den sicheren Umgang mit PSA gegen Absturz aus Höhen oder Tiefen zu trainieren. Bei dieser Übung traten während des Abseilens unerwartete Schwierigkeiten auf. Die verwendete Ausrüstung saß nicht richtig und verrutschte während des Abseilens. Das führte dazu, dass der Übende in eine unsichere Position geriet und die Kontrolle über seinen Abseilvorgang zu verlieren drohte. Die falsche Positionierung der Ausrüstung sorgte dafür, dass er teilweise in den Seilen hing und zusätzliche Kräfte auf seinen Körper wirkten, was das Abseilen erschwerte und potenziell gefährlich machte.
Glücklicherweise bemerkte der Ausbilder sofort die kritische Situation und gab schnell die Anweisung, die Übung zu stoppen. Durch eine sofortige Reaktion der Teammitglieder konnte der Feuerwehrangehörige schnell stabilisiert und sicher zurückgebracht werden, ohne dass es zu einem tatsächlichen Unfall kam.
Die Untersuchung nach dem Vorfall ergab, dass die Ursache für die Schwierigkeiten in der mangelhaften Anpassung der Ausrüstung lag. Der Gurt war nicht korrekt eingestellt, was die Bewegungsfreiheit einschränkte und eine potenzielle Gefahr darstellte.
FACHKOMMENTAR
Um im Ernstfall auch unter hohem Stress eine Selbstrettung sicher durchführen zu können, müssen alle Feuerwehrangehörigen diese Rettungsmethode beherrschen. Die richtige Absturzsicherung ist dabei von entscheidender Bedeutung, um das Leben der Einsatzkräfte zu schützen. Ein Risiko besteht, wenn die Ausrüstung nicht richtig auf den Körper des Feuerwehrangehörigen eingestellt wird. Ein nicht optimal sitzender Gurt kann zu Unwohlsein oder sogar zu schweren Verletzungen führen, wenn er während der Rettung nicht richtig fixiert ist. „Rettungs- und Selbstrettungsübungen aus Höhen und Tiefen sind so durchzuführen, dass Feuerwehrangehörige nicht gefährdet werden“ (siehe § 20 Abs. 1 DGUV Vorschrift 49 „Feuerwehren“). Rettungs- und Selbstrettungsübungen müssen immer mit einer zusätzlichen Sicherung (redundante Sicherung) an einem weiteren Anschlagpunkt und ausschließlich bis zu einer Höhe von 8 m sowie unter Beaufsichtigung durch eine für diese Ausbildung qualifizierte Person durchgeführt werden. Es ist grundsätzlich darauf zu achten, dass der oder die sich Abseilende immer zusätzlich mit einem Auffanggurt und einem Kernmantel-Dynamikseil (z. B. aus dem Gerätesatz Absturzsicherung nach DIN 14800-17 „Feuerwehrtechnische Ausrüstung für Feuerwehrfahrzeuge-Teil 17: Gerätesatz Absturzsicherung“) oder gleichwertiger Ausrüstung von oben gegen Absturz gesichert wird. Zwischen der sichernden und der sich abseilenden Person muss eine ständige Sichtverbindung bestehen. Das als Sicherungsseil verwendete Seil ist von der sichernden Person mit beiden Händen so zu führen, dass es stets straff läuft, aber noch keine Belastung erfährt. Auffanggurte werden im Regelfall durch einen Helfer oder eine Helferin der zu sichernden Person über der Feuerwehr-Schutzkleidung angelegt. Dabei muss unbedingt auf den korrekten Sitz und auf geschlossene Verschlüsse geachtet werden. Der Einsatz des Gerätesatzes Absturzsicherung bzw. anderer geeigneter Sicherungsgeräte erfolgt auf Anordnung der verantwortlichen Führungskraft, deren Aufgabe es auch ist, im Vorfeld die möglichen Gefährdungen zu ermitteln, zu bewerten und zu kommunizieren.
Im DGUV Grundsatz 312-001 „Anforderungen an Ausbildende und Ausbildungsstätten zur Durchführung von Unterweisungen mit praktischen Übungen bei Benutzung von persönlichen Schutzausrüstungen gegen Absturz und Rettungsausrüstungen“ findet man Hinweise zum Umfang und zur Durchführung einer Unterweisung. Weiterhin sind die in § 3 Abs. 2 der PSA-Benutzungsverordnung genannten Forderungen zu berücksichtigen.
Die Übungen sollten stets unter Anleitung erfahrener Ausbilder durchgeführt werden, die für die Sicherheit der Teilnehmenden sorgen und sicherstellen, dass alle Techniken korrekt angewendet werden. Ziel ist es, das Selbstvertrauen der Feuerwehrleute zu stärken, ihre Reaktionsfähigkeit zu verbessern und ihnen die Fähigkeit zu vermitteln, auch unter extremen Bedingungen ruhig und fokussiert zu bleiben. Dieser Beinahe-Unfall verdeutlichte, wie wichtig die Koordination und Kommunikation bei solchen anspruchsvollen Übungen ist.
Dieses Fallbeispiel beruht auf anonymen Schilderungen. Hier gegebene Handlungsempfehlungen befreien nicht von der Pflicht zur Beachtung der Unfallverhütungsvorschriften und des sicherheitstechnischen Regelwerks.